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Presseschau - Detail

Papsthaus als „unfassbar einfach“ erlebt

MZ vom 24. April 2017, Ausgabe Regensburg, von Gabi Hueber-Lutz

Beeindruckende Bescheidenheit: Das Institut Papst Benedikt XVI. hatte zum Tag der offenen Tür in den Bergweg 6 geladen.

 

Regensburg. Wenn man sich dem Haus in der Bergstraße 6 in Pentling nähert, sieht es aus, wie ein ganz normales Einfamilienhaus aus den beginnenden 70er Jahren. Beim Näherkommen fällt die Tafel vor dem Gartentor auf, die Papst Benedikt XVI. in einer berühmten Pose zeigt. Dahinter im Vorgarten steht eine Büste des emeritierten Pontifex inmitten roter Tulpen, fast umrankt von allmählich welkenden Blüten eines großen Magnolienbaums. 

Haus Nr. 29b lautete die Adresse noch, als sich Professor Joseph Ratzinger und seine Schwester Maria im November 1969 in Pentling angemeldet haben. Bürgermeister Sennebogen hatte die Anmeldung unterschrieben und dabei bestimmt nicht im Entferntesten daran gedacht, dass später viele Menschen zu dem Haus pilgern werden, weil dessen Besitzer einmal das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche sein sollte. 

Auch an Samstag riss der Strom der Besucher nicht ab. Das Institut Papst Benedikt XVI. hatte zum Tag der offenen Tür geladen. Franz Xaver Heibl, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut, und Priesterseminarist Johannes Spindler gaben Einblicke in die Welt Joseph Ratzingers am Bergweg in Pentling. 


Ausstattung auf das Wesentliche beschränkt  

 

„Unfassbar einfach“ ist der Kommentar eines Besuchers am Ende des Rundgangs. Mit dieser Meinung steht er nicht allein da. Viele der Menschen, die hier auf den Spuren Benedikts wandeln, sind überrascht davon, wie sehr die ganze Ausstattung auf das Wesentliche beschränkt ist. „Ratzingers waren ganz bescheidene Leute, da wurde alles wiederverwendet“, bestätigt Johannes Spindler. 

Von 1970 bis 1977 lebten Joseph Ratzinger und seine Schwester Maria hier, später kamen sie oft in den Ferien hierher. Viele Besucher machen ein Foto von sich neben der Büste des Papstes, hundertfach werden die Gegenstände fotografiert, die so eng mit Joseph Ratzinger verbunden sind. 

 

Das Arbeitszimmer als Herzstück

 

In einem der Zimmer, dem früheren Schlafzimmer Ratzingers, sind jetzt Fotos aufgehängt und eine Glasvitrine steht da mit allerhand Gegenständen. Das Bett ist nicht mehr da. Spindler geht davon aus, dass es in Rom ist und vielleicht auch noch genutzt wird. Ganz sicher noch genutzt wird der Schreibtisch. Ratzinger hat sich von ihm nicht getrennt, seit er ihn während seiner ersten Stelle im Priesterseminar in Freising gestellt bekam. 

 

Die Nachbildung steht im Arbeitszimmer in Pentling. Jedem, der dieses geräumige Arbeitszimmer betritt, ist klar, dass dies das Zentrum des Hauses, das Herzstück ist. Das hellblaue Vorlesungsverzeichnis der Uni Regensburg vom Sommersemester 1972 liegt auf dem Tisch. Ratzinger hielt damals eine Vorlesung zur Eschatologie, der Lehre von den letzten Dingen. Vor dem Arbeitszimmer zieht sich ein außergewöhnlich großer Balkon an der Rückseite des Hauses entlang. Um ihn ranken sich Vermutungen, die die Zuhörer schmunzelnd quittieren. Der Balkon sei so lang, damit Ratzinger hier auf und ab gehend sein Stundengebet habe sprechen konnte, heißt es. Es könne aber auch sein, dass Maria Ratzinger hier ganz profan die Wäsche aufhängen wollte. 


Maria schrieb alles in Reine

 

Sie war die Haushälterin des Bruders, aber auch seine Sekretärin. Sämtliche Schriften des großen Theologen hat sie ins Reine schrieb. Die dazugehörige Schreibmaschine steht in ihrem Zimmern. Ein Kind fragt seine Mutter, was das denn sei. Sie erklärt ihm, dass auf diesen Geräten geschrieben wurde, bevor es den Computer gab. Die Maschine sei aber auch in den 70ern schon nicht mehr modern gewesen, lässt Spindler einfließen. Nach Ratzingers Berufung zum Erzbischof von München und Freising waren die Geschwister immer zu Allerseelen in dem Haus zusammengekommen, denn die verstorbenen Eltern waren auf den nahegelegenen Friedhof in Ziegetsdorf umgebettet worden.

 

Am 2. November 1991 war Maria Ratzinger dann alleine in dem Haus. Sie war ein Mensch, nach dem man die sprichwörtliche Uhr stellen konnte. Als am Morgen die Rollläden nicht wie gewohnt in die Höhe gingen, wusste Nachbar Rupert Hofbauer, dass etwas nicht in Ordnung war. Maria war in der Nacht verstorben. 

 

Heute dient das Haus der Dokumentation und der Begegnung. Vielleicht wollten die Geschwister im Ruhestand hier gemeinsam wohnen. Doch das sind nur Vermutungen, denn am 19. April 2005 berief das Konklave Joseph Ratzinger in das höchste Amt der katholischen Kirche. Seither hat er während seines Besuchs in Bayern nur mehr einen Nachmittag an der Bergstraße 6 verbracht; gemeinsam mit seinem Bruder Georg.