Seite drucken     Schriftgröße A-  A  A+

Presseschau - Detail

Leidenschaft zwischen Büchern

KSZ, 17/18.09.2011, Nr. 37, Sonderbeilage: Der Papst in Deutschland, P 8–9. von Susanne Wolke

Das „Institut Papst Benedikt XVI." in Regensburg ist eine wahre Fundgrube zum Thema Joseph Ratzinger

 

REGENSBURG - „Wir sind Papst." In den Räumen des „Ins­tituts Papst Benedikt XVI." hat die hinlänglich bekannte Aus­sage der Bildzeitung eine beson­dere Bedeutung. Die hier in einer Vitrine ausgestellte Titelseite des Boulevardblattes lässt beim Re­gensburger Papst-Institut nicht nur ein begründetes Selbstver­ständnis durchschimmern, son­dern auch eine Portion Humor.

 

Ebenso wie das „Kuriositätenkabi­nett" in einer abgelegenen Ecke des Instituts. Aber davon will Rudolf Vo­derholzer gar nicht groß sprechen. Zwar lagern der Direktor des Instituts und seine Mitarbeiter auch Schnee­kugeln, „Papstbier" und Münzen mit dem Porträt des Kirchenoberhauptes. Nippes und Boulevardpresse sind aber wahrlich nicht das eigentliche Inter­essengebiet des Theologen und seiner Mitarbeiter. Das „Institut Papst Bene­dikt XVI." hat eine ganz andere Auf­gabe: die Erfassung und Erforschung der Werke Papst Benedikts XVI.

 

Wie eine Bastion erhebt sich das Priesterseminar am Bismarckplatz im Herzen der Regensburger Altstadt. Die „Schatzkammer" befindet sich im ersten Stock. Seit der Gründung des „Instituts Papst Benedikt XVI." im Jahr 2008 wird hier systematisch al­les zusammengetragen, was mit der Theologie Papst Benedikts und dar­über hinaus zu tun hat.

In mehreren aneinanderliegenden Räumen türmen sich vor allem die Bücher einer gerade entstehenden Spezialbibliothek: Schriften von und über den Papst, religiöse Nachschlagewerke, Abhandlungen über die Heiligen Bona­ventura und Augustinus, theologische Zeitschriften. Was hier geschaffen werden soll, ist „eine Arbeitsatmosphäre, die beste Bedingungen bietet, wenn man sich mit Papst Benedikt beschäf­tigen will", so Voderholzer.

 

Eine Arbeitsatmosphäre, die vor al­lem den Hintergrund für die erklärte Hauptaufgabe des Instituts selbst bil­det. Ausgebreitet auf einem großen Tisch liegt das, was Voderholzer und seine Mitarbeiter derzeit am meisten in Anspruch nimmt: die Druckfahnen für den „Band eins" einer ganz beson­deren Schriftenreihe. In 16 Büchern sollen nach und nach alle Veröffent­lichungen Joseph Ratzingers heraus­gebracht werden, von der Disserta­tion bis zum Zeitungsartikel.

 

Der Titel der Reihe: „Joseph Rat­zinger. Gesammelte Schriften." Hinzu kommen weitere Veröffentlichungen des Instituts: die Ergebnisse wissen­schaftlicher Symposien, die zu jedem neuen Ratzinger-Band abgehalten werden, sowie das Jahrbuch des Ins­tituts, die „Mitteilungen. Institut Papst Benedikt XVI".

 

„Volk und Haus Gottes in Augustins Lehre von der Kirche – Die Disserta­tion und weitere Augustinus-Studien" ist der erste Band der Schriftenreihe, aber nicht das als Erstes erscheinende Buch. „Die Bände werden nicht chro­nologisch herausgegeben", erklärt Ru­dolf Voderholzer. Die Nummern zwei, acht, elf und zwölf sind bereits auf dem Markt, „Band eins soll noch bis zum Papstbesuch kommen", sagt Voderhol­zer. Der Direktor des „Instituts Papst Benedikt XVI." fährt mit der Hand über die noch zu korrigierenden Seiten der Druckfahnen und hält kurz inne.

Die Zeit läuft - und der anstehende Papstband ist nicht die einzige „Bau­stelle", an der die Theologen um Ru­dolf Voderholzer derzeit arbeiten. Wohl aber die wichtigste. Das „Institut Papst Benedikt XVI." wurde vornehm­lich zu diesem Zweck gegründet.

 

„Der Papst hat unseren Bischof be­auftragt, seine gesammelten Schriften in Verbindung mit dem Herder Verlag herauszugeben", erzählt Voderholzer. Bischof Gerhard Ludwig Müller wie­derum wandte sich an seinen ehe­maligen Assistenten. In Rudolf Vo­derholzer wusste der Bischof einen leidenschaftlichen Anhänger Joseph Ratzingers, der nicht zuletzt durch tiefgehende Vorarbeiten die nötigen Voraussetzungen mitbrachte.

Die Voraussetzungen: Leidenschaft ist zweifelsohne eine davon. Denn die Arbeit, die Voderholzer und sein Stell­vertreter Christian Schaller verrich­ten, ist ehrenamtlich. Seit der Grün­dung des Instituts im Jahre 2008 sind die beiden dort neben ihren Haupt­berufen als Theologieprofessor in Trier beziehungsweise als theologischer Refe­rent des Regensbur­ger Bischofs tätig. Un­terstützung erhalten sie durch den wissenschaftlichen Mitarbeiter Franz-Xaver Heibl und die Sekretärin Irm­gard Lercher-Seidl.

 

Mit viel Elan arbeiten sich die vier durch einen Berg von Herausforde­rungen - und das im wahrsten Sinne des Wortes. „Hier herrscht noch ein gewisses Chaos", entschuldigt sich Voderholzer, als er die Türe zu einem weiteren mit Büchern vollgestellten Raum öffnet. Doch die Literatur ist nicht das Einzige, das sich im „Insti­tut Papst Benedikt XVI." türmt.
 Eben eingetroffen sind zum Bei­spiel etliche Kartons aus Pentling. Der Inhalt: Bettwäsche von der Schwes­ter des Papstes sowie die Schreibma­schine derselbigen – „wohl das Gerät, auf der die Dissertation getippt worden ist", vermutet Voderholzer. Das Privat­haus des Papstes, aus dem die Gegenstände stammen, gehört ebenfalls zum Aufgabenbereich des Instituts. „Der Papst hat uns sein Haus vermacht, da­mit wir uns darum kümmern", erklärt Voderholzer. Neue Bodenbeläge und Fassadendämmung – für einen ausge­lasteten Wissenschaftler mag dies ein willkommener Ausgleich sein.

 

Ähnliches gilt für die kunterbunte Sammlung, die sich zusätzlich zum wissenschaftlichen Kernbestand des Instituts in den Räumen am Bis­marckplatz angehäuft hat. Denn es sind nicht nur Theologen, die sich mit der Einrichtung verbunden fühlen. Was man alles zum Thema Papst Be­nedikt sammeln kann, führen zahl­reiche eifrige Zulieferer des Regens­burger Instituts vor Augen.

 

Da ist etwa die Dame, die jahrelang kaum eine Predigt Joseph Ratzingers verpasste. Mit dem Tonbandgerät in der Tasche reiste sie ihrem Idol hin­terher, von einem Gottesdienst zum nächsten. Die liebevoll beschrifteten und mit Bildern gestalteten Kassetten mit aufgenommenen Predigten befin­den sich heute im „Institut Papst Be­nedikt XVI.". „Wir wollen die Auf­nahmen digitalisieren", erklärt Rudolf Voderholzer, „um sie somit besser für die Nachwelt zu be­wahren."

 

Der Direktor des Instituts stellt die Kiste mit den Kasset­ten wieder ins Regal und greift zum nächsten Objekt: ei­nem sorgfältig gestalteten Album mit Fotos und Zeitungsausschnitten, das eine weitere Verehrerin dem einsti­gen Kardinal Ratzinger geschenkt hat. „Ziemlich großformatig", kommentiert Voderholzer und greift das Buch mit beiden Händen. „Aber daran erkennt man eben die Wertschätzung."

 

Diese zeigt sich auch in der nahezu lückenlosen Briefmarkensammlung, die ein selbst ernannter Mitarbeiter dem „Institut Papst Benedikt XVI." ge­wissenhaft zukommen lässt. „Es gibt weltweit eine Fülle von Briefmarken, die Joseph Ratzinger darstellen." Vo­derholzer blättert in dem Briefmar­kenalbum. Guyana und die Dominikanische Republik sind die Herausgeber einiger Marken, etliche der Sammel­objekte sind mit dem Ersttagsstempel versehen. Voderholzer lächelt. „Dieser Herr lässt es sich nicht nehmen, uns die Briefmarken zu schicken."

 

Ganz gegen die triviale Sammel­leidenschaft gefeit ist auch der Leiter des Instituts selbst nicht. Schließlich ist da noch das „Kuriositätenkabinett" mit seinen Schneekugeln und dem Papstbier. Und das haben Voderhol­zer und seine Mitarbeiter zu großen Teilen selbst bestückt. „Wenn wir in Rom sind, streifen wir halt auch ein bisschen durch die Souvenirläden." Voderholzer windet sich. „Natürlich erst, nachdem wir die Buchläden be­sucht haben."

 

Denn die Wissenschaft und die Pu­blikationen stehen an erster Stelle. Und so schließt denn auch Voder­holzer bald wieder das Kuriositäten­kabinett und wendet sich der drän­genden Arbeit zu. Auf einem Tisch im Vorraum liegen mittlerweile ver­schiedene Fotoausdrucke des Paps­tes. Der Verlag „Schnell und Steiner" bittet um die Auswahl eines geeigne­ten Titelbildes für die gemeinsame Papstpublikation „60 Jahre Dienst im Weinberg des Herrn". Voderhol­zer seufzt. „Wir sind Papst" – manch­mal ist das ganz schön anstrengend.


KSZ 17./18.09.2011, Leidenschaft zwischen Büchern, P 8-9