Ein Geburtstag wirft seine Schatten voraus
DT vom 11.04.2017, Nr. 43, S. 7
Römische Festschrift zum Neunzigsten von Benedikt XVI. im Augustinianum vorgestellt
Rom (DT) Eine Festschrift zu Ehren des emeritierten Papstes Benedikt XVI.: Der neunzigste Geburtstag Joseph Ratzingers wirft seine Schatten voraus. Und die Aula des patristischen Instituts Augustinianum unmittelbar neben den Kolonnaden des Petersplatzes war Ende vergangener Woche gut gefüllt und die Liste der Kardinäle, die dem deutschen Theologenpapst ihre Referenz erweisen wollten, war ansehnlich: Kardinal Tarcisio Bertone, ehemals Kardinalstaatssekretär Papst Benedikts, war gekommen, ebenso Kardinal Gerhard Müller, der Präfekt der Glaubenskongregation, sowie Angelo Sodano als Dekan des römischen Kardinalskollegium oder Kardinal Gianfranco Ravasi vom Päpstlichen Kulturrat und Erzbischof Georg Gänswein, der ehemalige Privatsekretär von Benedikt XVI. Und einige weitere Purpurträger waren im Auditorium auszumachen.
Die Festschrift trägt den Titel „Cooperatores Veritatis“ – „Mitarbeiter der Wahrheit“, also den Wappenspruch, den Joseph Ratzinger als Erzbischof von München angenommen hatte. Autoren sind die bisherigen dreizehn Träger des Joseph-Ratzinger-Preises, den die römische Stiftung „Joseph Ratzinger – Benedetto XVI.“ jährlich verleiht, unter anderen Maximilian Heim OCist, Abt des Zisterzienserstifts Heiligenkreuz, und der deutsche Theologe Christian Schaller, stellvertretender Direktor des Regensburger „Instituts Papst Benedikt XVI.“. Sie bearbeiteten Themen zur Exegese, zu Glaube und Vernunft oder Fragen der Kultur Europas. Der französische Philosoph Rémi Brague, ebenfalls Ratzinger-Preisträger, behandelt die Ansprache, die Papst Benedikt bei seinem Besuch in Paris vor der französischen Akademie der Wissenschaften gehalten hatte.
Der Vorsitzende der Stiftung „Joseph Ratzinger – Benedetto XVI“, die sich aus Erlösen des Verkaufs der Werke Ratzingers finanziert, ist der ehemalige Vatikansprecher Federico Lombardi SJ. Er nutzt die Gelegenheit der Buchpräsentation, auch einmal darzustellen, wie sehr die Person, vor allem aber das wissenschaftliche Werk und die Verkündigung des deutschen Papstes immer noch gefragt sind. So seien allein in den zurückliegenden zwei Wochen drei italienische Biografien Papst Benedikts erschienen – neben drei Anthologien aus dessen Schriften. Gerade erst, so Lombardi, habe das Stift Heiligenkreuz den Jubilar gefeiert, und in München organisiere die Katholische Akademie gemeinsam mit dem Ratzinger-Schülerkreis eine entsprechende Tagung. In Warschau werde das Parlament gemeinsam mit der katholischen Bischofskonferenz eine Veranstaltung zum neunzigsten Geburtstag Joseph Ratzingers abhalten, bei der der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Müller, sprechen werde. In Rom tue Ähnliches die Hochschule „Santa Croce“ der Prälatur Opus Dei.
Lombardi stellte ebenfalls dar, dass die von ihm geleitete „Fondazione“ nicht nur den Ratzinger-Preis verleihe, sondern das geistige Vermächtnis des Jubilars auch anderweitig fördere. Eine große Tagung finde jetzt in Costa Rica statt, die zwei Kernbegriffe des deutschen und des amtierenden Papstes im Zusammenhang mit der Bewahrung der Schöpfung verbinde: die von Benedikt XVI. gelehrte „Ökologie des Menschen“ und die von Franziskus immer wieder betonte „Sorge um das gemeinsame Haus“. Auch dass es jetzt in Rom eine Benedikt XVI.-Bibliothek am Campo Santo Teutonico gebe, mit tausend Werken von Benedikt XVI. beziehungsweise über seine Theologie, sei ein Maßnahme, die die „Fondazione“ unterstütze.
Keine Festveranstaltung ohne Festvortrag – und den hielt bei der Buchpräsentation Kurienkardinal Kurt Koch. Der Präsident des vatikanischen Einheitsrats stellte die Theologie Ratzingers und des deutschen Papstes als eine Sinfonie der „Liebe und Wahrheit in Freiheit“ dar und stellte an den Beginn seiner Ausführungen ein Zitat von Joseph Ratzinger: „Theologie setzt einen neuen Anfang im Denken voraus, der nicht Produkt unserer eigenen Reflexion ist, sondern aus der Begegnung mit einem Wort kommt, das uns immer vorangeht.“ Hier stoße man, so Koch, auf die wahre Originalität, an der sich christliche Theologie ausrichten muss und in deren Dienst das theologische Denken von Papst Benedikt dezidiert stehe. Und von hier aus beginne man jedenfalls die Grundentscheidungen zu verstehen, von denen die Theologie Ratzingers geleitet sei. Der Vorrang des Wortes Gottes vor dem theologischen Denken stelle den wahren Ursprung dar, von dem „christliche Theologie ausgeht“, sagte der Kardinal weiter. Die Offenbarung gehe der Theologie voraus und trage sie zugleich, sie sei viel größer als das eigene Denken. Christliche Theologie im Sinne Joseph Ratzingers „besteht allein dadurch, dass sie jene Vorgabe annimmt, die immer mehr ist als das selbst Erdachte“. Theologie setze deshalb eine ihrem eigenen Wesen gemäße „Autorität“ voraus, genauerhin jene Autorität, die im christlichen Glauben den Namen „Offenbarung“ trage.