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Presseschau - Detail

Benedikts Wege in Pentling

DT vom 17.08.2016, Nr. 97, S. 6 von Thorsten Paprotny

Ein Band erinnert an Joseph Ratzingers Zeit in der Oberpfalz. 

 

Der Papst der Weltkirche sagte als Bischof von Rom, dass Katholiken „in gewisser Weise auch Römer“ seien, in Rom zu Hause, ja mehr noch – „in Rom geboren“. Er sprach von der Weggemeinschaft der Gläubigen, die als „Brüder und Schwestern in der großen Familie Gottes, jener Familie, in der es keine Fremden gibt“, der Kirche aller Zeiten angehören. Das katholische Herz mag bayerisch schlagen, gewiss, aber es schlägt auch in und für Rom.

Der Papst der Weltkirche sagte als Bischof von Rom, dass Katholiken „in gewisser Weise auch Römer“ seien, in Rom zu Hause, ja mehr noch – „in Rom geboren“. Er sprach von der Weggemeinschaft der Gläubigen, die als „Brüder und Schwestern in der großen Familie Gottes, jener Familie, in der es keine Fremden gibt“, der Kirche aller Zeiten angehören. Das katholische Herz mag bayerisch schlagen, gewiss, aber es schlägt auch in und für Rom.

 

Der jüngst publizierte, vergleichsweise schmale und doch so reichhaltige Band erinnert an Joseph Ratzingers Zeit in Bayern, genauer gesagt an „Meine Wege in Pentling“. Joseph Ratzinger war 1969 zum Professor für Dogmatik an die neu gegründeten Universität Regensburg berufen worden. Bis 1977 sollte er dort lehren und wahrhaft heimisch sein. Zuvor hatte Ratzinger die Unruhen der Studentenbewegung in Tübingen hautnah miterlebt, auch in der katholischen Kirche in Deutschland und in der Theologie der Nachkonzilszeit brodelte es zunehmend. Die anfängliche Euphorie über das Konzil hatte sich vielerorts in verstörende Formen einer unguten Freigeisterei verkehrt. Joseph Ratzinger wollte gern in die bayerische Heimat zurückkehren. Die Donaustadt und der beschauliche Ort schenkten ihm fortan akademische Ruhe und heitere Gelassenheit. Auch das Konzil fand in der Diözese von Bischof Rudolf Graber eine sachgerechte Aufnahme. So fand Ratzinger in Pentling nicht nur ein Obdach, sondern auch ein neues Zuhause.

 

Das neu gebaute Pentlinger Haus hatte Professor Ratzinger im November 1970 gemeinsam mit seiner Schwester Maria bezogen. Von der Namensgebung der Straße erzählte Papst Benedikt XVI., als er eine große Pilgerschar aus Pentling am 8. September 2005 in Castel Gandolfo empfing. Bevor er einziehen konnte, äußerte er gegenüber dem Bürgermeister, „dass die Straße, in der mein neues Haus stehe, einen Namen bräuchte“. Die Zuweisung sei auf „sehr archaische Weise“ geschehen. Auf der Sitzung des Gemeinderats in der kommenden Woche sollte ein Name beschlossen werden. Der Bürgermeister jedoch schien an jenem Abend „etwas verlegen“ zu sein und sagte: „Ach, das habe ich jetzt vergessen.“ Danach schaute er zum Lehrer. Dieser sagte sogleich: ,Sagen wir, das heißt Bergstraße.‘ So ist die Bergstraße zu ihrem Namen gekommen.“ Dankbar erinnerte sich Papst Benedikt an „sehr glückliche Jahre“ in Pentling: „Seitdem habe ich meine Urlaube dort verbringen dürfen: Allerseelen, Weihnachten und meist den August. Urlaube sind ja besonders glückliche Zeiten, wo man frei ist von dem Joch des Alltags, sodass dadurch natürlich die Erinnerungen an Pentling noch schöner, noch freudiger geworden sind. Irgendwie habe ich die vermessene Hoffnung, dass vielleicht, wenn es mir der liebe Gott gewährt, Regensburg besuchen zu dürfen, auch ein paar Minuten für Pentling und für mein Häusle, wie ich zu sagen pflegte, drin sein könnten. Ja, und so ist eben Pentling für mich im tiefsten Sinn ein Daheim.“ Dieser Wunsch ging während der Apostolischen Reise nach Bayern vom 9. bis 14. September 2006 in Erfüllung.

 

Die Lehrtätigkeit erfüllte Joseph Ratzinger mit Freude, aber auch die treue, liebevolle Verbundenheit mit den Bürgern der dörflichen Gemeinde von Pentling. Er half in der Seelsorge aus und zelebrierte werktags und sonntags die heilige Messe. Professor Ratzinger sprach nicht nur verständlich, er sprach vor allem den Gläubigen aus dem Herzen. Für die Pentlinger war er „unser Professor“ oder der „Herr Nachbar“ aus der Bergstraße.

Dieser kleine Band enthält nicht nur rührende wie von innen her berührende Geschichten aus Pentling. Ob anschaulich erzählt oder durch Fotos aufgezeigt: Der Leser erfährt viel von der Menschenfreundlichkeit, Herzlichkeit und Güte Joseph Ratzingers. Es handelt sich aber zugleich auch um ein theologisches Buch über das unbeschreibliche Glück des Glaubens. Die Impressionen, die in Wort und Bild bezeugt werden, laden ein zum Schauen auf Christus. Herzerwärmende Bilder, die keiner Erläuterungen bedürfen, zeigen, wie die Geschwister Ratzinger einander Geborgenheit und Heimat schenkten. Die Schönheit des Glaubens in der Familie zeigt das vorliegende Buch auf eine wunderbare, jedem zugängliche Weise. Dem Gläubigen ist im Grunde ein dreifaches Zuhause geschenkt – ein Zuhause in der Heimat, in der Familie und in der Kirche, die das Gestern, Heute und Morgen umschließt und alle miteinander in Christus verbindet.

 

Die Bilder aus diesem Buch und viele andere wertvolle Exponate waren im vergangenen Jahr in Pentling anlässlich des zehnten Pontifikatsjubiläums ausgestellt. Auf vielen Fotos sind junge Menschen zu sehen, die sichtbar erfreut und glücklich sind, den Kardinal und später den Papst bei sich zu Gast zu haben, so dass der Leser an die lichtvollen Worte der Predigt zur Amtseinführung denken mag: „Die Kirche ist jung, und die Kirche lebt!“ Wer sich mit den Lebens- und Glaubenswegen Papst Benedikts XVI. vertraut machen möchte, dem sei das Buch zur Lektüre und zur Betrachtung empfohlen.

 

Papst em. Benedikt XVI: „Meine Wege in Pentling“. Akademischer Verlag München, 64 Seiten, ISBN 978-3-940732-24-8, EUR 14,90

 

DT vom 17. August 2016