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Der Sonntag - Tag der Hoffnung

Quellangabe: Zeit für Gott: Zeit für den Menschen. Ein Wort zum christlichen Sonntag. Fastenhirtenbrief 1981, ohne Paginierung.


Mit alledem sind wir nun bereits zu einer dritten Sinngebung des Sonntags vorgestoßen, die in der frühen Kirche entwickelt wurde. Wir hatten bisher gesagt: Der Sonntag ist der Auferstehungstag Jesu Christi. Er ist als der erste Tag, der Schöpfungstag. Von einer anderen Sicht her konnte man auch sagen: Er ist nach dem siebten Tag, dem Sabbat, der achte Tag. Er ist der Tag, der nach der Weltwoche der Schöpfungszeit liegt; der Tag, der über unsere Zeit hinausweist auf die neue Welt. Die Zahl 8 ist den Christen zum Symbol für die kommende Welt geworden. Sie haben z. B. die Taufkirchen in der Form des Achtecks gebaut, um anzudeuten, dass darin die Geburt für die neue Welt erfolgt, die mit der Auferstehung Christi begonnen ist. So feiern wir mit dem Sonntag auch unseren Glauben an die Wiederkunft: des Herrn. Er ist nicht nur ein Tag des Dankes und der Rückschau, sondern vor allem auch ein Tag der Hoffnung – Aufbruch in die Zukunft hinein. In der Eucharistiefeier beginnt für uns schon immer die Wiederkunft Christi: Der Herr tritt zu uns herein durch die verschlossenen Türen unserer Angst wie damals am Ostermorgen zu den Jüngern (Joh 20,19). Christentum ist nicht eine Religion der Vergangenheit, sondern als Christen haben wir das Entscheidende noch vor uns. Der Herr kommt und wir gehen ihm entgegen.

Wir haben etwas zu hoffen: das Reich Christi, das Reich Gottes. Wir können vertrauend der Zukunft entgegengehen; sie wird größer sein als die Vergangenheit. Aber wir können nur dann vertrauen, wenn wir mit Christus gehen. Und wir bauen nur dann wirklich auf, wenn wir mit ihm·bauen. Christsein bedeutet so leben, dass wir auf dem Weg zu Christus sind. Nur so gehen wir wirklich vorwärts.

Während die Christen für die übrigen Tage der Woche keinen Namen erfanden, sondern sie einfach der Reihe nach durchgezählt haben, haben sie diesem Tag einen neuen Namen gegeben: Herrentag. So heißt er heute noch in den romanischen und slawischen Sprachen. In den germanischen Sprachen hat man die alte Bezeichnung – Tag der Sonne – gelassen, weil Christus die aufgehende Sonne ist. Ihn sahen die Christen hinter dem Schöpfungswort „es werde Licht“; ihn erwarteten sie als das endgültige Licht, das aus der Nacht des Todes aufgeht zu einem Tag, der keinen Abend mehr kennt, weil die wahre Sonne – die Liebe – nie mehr untergeht.





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