Offenbarung - ein Aktbegriff
Quellangabe: Aus meinem Leben. Erinnerungen (1927–1977), Stuttgart 1998, 84.
Das Wort bezeichnet den Akt, in dem Gott sich zeigt, nicht das objektivierte Ergebnis dieses Aktes. Und weil es so ist, gehört zum Begriff „Offenbarung“ immer auch das empfangende Subjekt: Wo niemand „Offenbarung“ wahrnimmt, da ist eben keine Offenbarung geschehen, denn da ist nichts offen geworden. Zur Offenbarung gehört vom Begriff selbst her ein Jemand, der ihrer inne wird. […] wenn es so ist, dann liegt Offenbarung der Schrift voraus und schlägt sich in ihr nieder, ist aber nicht einfach mit ihr identisch. Das aber heißt dann, dass Offenbarung immer größer ist als das bloß Geschriebene. Und das wieder bedeutet, dass es ein reines „Sola scriptura“ („durch die Schrift allein“) nicht geben kann, dass zur Schrift das verstehende Subjekt Kirche gehört, womit auch schon der wesentliche Sinn von Überlieferung gegeben ist.
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